Festbiss
Gebissen habe ich schon immer.
Ich fühle immer noch das leicht fleischdurchtriefte Fett vor meinen Zähnen, das Aroma wiegt sich auf meinem Atem, die Luft entkommt sich selbst nicht. Eine Abfolge an Bissgefühlen, im Farbenreichtum. Der Biss ist vorbei, aber das Bissgewissen haucht einem eklig-warm auf den Nacken mit der Überzeugungskraft eines von fremden Freunden vorgewärmten Toilettensitzes.
Der Mund hat sich schließlich bewegt. Alles andere stand ja still.
Da kommt etwas Schuld auf. Etwas Scham für die Gewalt sogar, etwas Zufriedenheit und Dankbarkeit sogar, für den Dienst der Gebissenen, so gar. Leicht geatmet ist der Biss auszulassen, das habe ich bereits in der Schule lernen müssen. Davon zu erzählen hat sich damals nicht gehört. Aber heut ist ja alles erlaubt, aber dafür auch bissfester. Die Abformmasse beim Zahnarzt erlaubt auch alles, durchbeißen lässt sie sich dafür nicht. Die Masseschwädchen wallen sanft, legen sich um Knochen zuerst, um Fleisch danach, dringen in jeden Spalt ein und lassen sich fühlen. Es schmeckt nach Amalgam. Gefüllt ist man ja gern, geleert nur unter Zwang. Unter blendendem Licht sowieso, mit fachkundig latexüberzogenen Fingern umso mehr. Nur eine kleine Übung steht bevor, dann rührt man mit den Dritten knirschend das Tamtam, nur eins bleibt übrig, den Kiefer ausrenken, kurz schreien, das Gelenk weiter treiben, bis man sich selbst droht, sich selbst zu verschlucken droht, von der eigenen Drohung überwältigt wird und Opfer wird, sich selbst an sich selbst verfüttert.
03.04.2024